»Aufzugstest«

  • Was ist überhaupt Suffizienz?

Der Begriff der »Suffizienz« kommt vom Lateinischen »sufficere«, was so viel wie »ausreichen« bedeutet. Es geht bei der Suffizienz um die Frage nach dem rechten Maß und das gute Leben, individuell und in globaler Verantwortung. Denn das umfassende Ziel der Nachhaltigkeit ist ein gutes Leben für alle Menschen, im Norden wie im Süden, jetzt und in der Zukunft. Ein gutes Leben und ein gerechtes Leben gehören zusammen.

Als Orientierungslinien für das individuelle Verhalten wie auch für Suffizienzpolitik können die vier »E« (Wolfgang Sachs) dienen:

• Entschleunigung als das rechte Maß für die Zeit,

• Entflechtung als das rechte Maß für den Raum (regional/global),

• Entrümpelung als Maßnahme, um das rechte Maß für den Besitz an Dingen zu finden,

• Entkommerzialisierung als Strategie, dem Leben außerhalb der Markt – und Warenwelt mehr Bedeutung zu geben

  • Und was ist Suffizienzpolitik?

Was Politik tun kann, damit das gute Leben leichter wird. Andere Lebensstile sind nicht alleine eine private Angelegenheit, es braucht unterstützende politische Maßnahmen:

Rahmenbedingungen: Eine ökologische Steuerreform würde weite Wege teurer machen und damit regionales Wirtschaften attraktiver. Eine Besteuerung des Flugbenzins macht die Entscheidung fürs Bahnfahren und für Nahurlaube leichter. Einheitliche Labels erleichtern den Kauf ökologischer und fairer Produkte
Infrastrukturen: Öffentliche Verkehrsverbindungen, sichere Wege für Radfahrer und Fußgänger sind nötig, damit das Auto immer öfter nicht genutzt (oder gar nicht erst angeschafft) wird. Eine hohe Lebensqualität am Wohnort hat Einfluss auf meine Mobilitätswünsche.
Ermöglichende Politik: Bildungspolitik trägt zu einem guten Leben bei, wenn sie uns auch zweckfreie Tätigkeiten nahebringt, soziale Fähigkeiten und Bestätigung durch eigenes produktives Tun im Alltag. Gesundheitspolitik kann gute Lebensbedingungen und Arbeitsbedingungen fördern.
Es geht darum, dass Suffizienzpolitik ein gutes Leben für alle einfacher macht. Individuelle Anstrengungen, gemeinsame Initiativen und Projekte sind positiv, reichen aber alleine nicht aus, um eine breite gesellschaftliche Veränderung zu erreichen.

  • Warum brauchen wir Suffizienzpolitik?

Was ist die Ausgangslage? Es gibt inzwischen quantifizierte Nachhaltigkeitsziele und Nachhaltigkeitsstrategien. Aber die Umweltsituationen verschlechtern sich: Klima, Biodiversität, und Flächenverbrauch sind Beispiele. Das heißt, dass Effizienz-Strategien alleine nicht ausreichen , um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen: Andere Lebensstile und Suffizienz sind nötig – und eine Politik, die diese unterstützt. Positive Beispiele für Suffizienzpolitik gibt es, zum Beispiel sind dies im Themenfeld Mobilität: hier machen Fahrradwege, Unterstellmöglichkeiten oder die Mitnahme von Fahrrädern im öffentlichen Nahverkehr das gute leben leichter.

Hintegrund: Welche Nachhaltigkeitsstrategien gibt es?

Nachhaltigkeitsstrategien fußen in unterschiedlichem Maße auf den Prinzipien Effizienz, Konsistenz und Suffizienz.
• Effizienz steht meist für technische Lösungen. Eine neue Technik hilft, mit weniger Aufwand mehr Leistung zu erbringen. Der Nutzen soll dabei mindestens gleich bleiben. Ein klassisches Beispiel: die LED-Lampe. Oder Mikro-Speicherchips. Oder der neue Kühlschrank – er ist größer, braucht aber nicht mehr Energie als der alte.
• Konsistenz spricht die Einbettung in natürliche Kreisläufe an, zum Beispiel den Wechsel zu anderen Energieformen an – wie Sonne und Wind. Oder Produkte aus biologisch abbaubaren Rohstoffen, die nach der Nutzung wieder in den natürlichen Kreislauf eingehen.
• Suffizienz steht für ein »Genug« und ein »Weniger«. und zielt darauf, absolut weniger Energie und Material zu verbrauchen durch anderes Verhalten. Zum Beispiel die Waschmaschine voll zu beladen und kurze Wege mit dem Rad oder zu Fuß zurückzulegen.

Um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, braucht es alle drei Prinzipien. Politische Maßnahmen können sowohl Effizienz, Konsistenz wie auch Suffizienz fördern. Ein intelligentes Zusammenspiel aller drei Prinzipien ist oft die beste Lösung: Suffizienz ist nötig, damit der Energiebedarf möglichst gering ist. Die Energie sollte dann aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden. Die Produktion und die Produkte sollten möglichst effizient sein.

  • Warum hat Suffizienzpolitik gute Chancen, erfolgreich zu sein?

Ein Kulturwandel zeichnet sich ab, der Wunsch nach Achtsamkeit und Entschleunigung nimmt zu. Suffizienzpolitik verbindet diese persönlichen Wünsche mit dem gesellschaftlichen Anliegen der Nachhaltigkeit und kann unter anderem erfolgreich sein, weil:

• Menschen ja (zumeist) nicht anderen willentlich schaden wollen und sich selbst bei der Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln unwohl fühlen,

• man politische Zustimmung auch für Maßnahmen gewinnen kann, die das Handeln einzelner einschränken – wie beim Rauchverbot, solche Beispiel können Politikerinnen Mut machen,

• es weltweit viele individuelle Ansätze und Projekte für einen anderen Lebensstil gibt, der Austausch sehr befruchtend ist und Politikerinnen in den Kommunen zunehmend erkennen, dass Suffizienzpolitik die Lebensqualität und den Zusammenhalt in der Gemeinde stärken,

• es immer deutlicher wird, dass die Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft auch andere Lebensstile braucht. Und immer mehr Menschen positive Erfahrungen damit machen.